Die zwei Seiten der Exklusivität auf dem Wohnungsmarkt.
Im Dezember 2020 fallen die Sitzungen verschiedener Ausschüsse des Rats aus. Das hat nichts mit Arbeitsverweigerung zu tun, sondern soll die Corona-Ansteckungsgefahr für Teilnehmer und
Besucher verringern. Dies gilt auch für den Sozialausschuss, der eigentlich am 1.12. tagen sollte. Als Ausgleich dafür informiert der Fachdienst Soziales der Stadtverwaltung die Mitglieder mit
einem Newsletter, der an die Stelle des sonst üblichen Berichts in der Sitzung tritt. (Danke dafür!) In diesem findet sich eine Zahl, die gerade angesichts der Covid19-Pandemie – mindestens – zum
Nachdenken anregt:
„Die Anzahl der Menschen, die aufgrund von Räumungsklagen obdachlos werden, ist hoch. Im Oktober hatte der Kollege aus dem Bereich 11 Räumungstermine und im November bereits 5.“
Der Fachdienst weiß dies, weil es sich um Zwangsräumungen (durch Gerichtsvollzieher und manchmal auch die Polizei) handelt. Die Betroffenen verlieren das Dach über dem Kopf und
werden samt Hab und Gut auf die Straße gesetzt. Dies ist immer bitter, aber im Winter und zu Corona-Zeiten besonders hart.
Kann der zuständige Ausschuss die Ansteckungsgefahr vermeiden, so ist dies für von Zwangsräumung betroffene Mieter (darunter auch Familien und Alleinerziehende) schwer möglich,
wenn sie in einer städtischen Notunterkunft oder bei Freunden oder Verwandten unterkommen müssen. Dies passiert, wenn der zuständige Fachdienst in Zusammenarbeit mit der
(praktischerweise im Rathaus untergebrachten) Sozialberatungsstelle der AWO eine Räumung nicht im Vorfeld abwenden können. Der Fachdienst vermeldet auch im Bereich Wohngeld „weiterhin einen massiven Arbeitsanstieg“ und muss sich daher personell verstärken.
Warum thematisieren wir das hier?
Weil es dem Begriff „exklusiv“, dem man in Wedel in Wohnungsanzeigen und auf Baustellenschildern immer häufiger begegnet, eine andere Bedeutung verleiht. Während der Investoren und Vermieter mit „exklusiv“ meinen, dass von ihren Wohnungen bestimmte, nämlich nicht so zahlungskräftige Mieter „exkludiert“, also ausgeschlossen sind, gibt es offenbar auch im „preiswerteren Segment“ (wie es in der Maklersprache heißt) eine Form der Exklusivität, die zum Ausschluss führt. Je enger der Wohnungsmarkt in Wedel wird, je mehr Sozialwohnungen aus der Bindung (der begrenzten Miethöhe) fallen, desto deutlicher wird die Doppelköpfigkeit der Exklusivität. Je mehr teure (statt bezahlbarer) Wohnungen gebaut werden, je mehr also das Exklusive „oben“ zunimmt,
desto stärker steigt es auch „unten“.
Exklusiv heißt immer, dass jemand ausgeschlossen wird.
Manchen gefällt das, weil sie dann „unter sich“ bleiben können. Andere landen dadurch auf der Straße.
Dies ist die Kehrseite des frischen Winds, der in Wedel zunehmend rauer weht.
Detlef Murphy
Hallo. Detlef,schon schlimm,was sich mitterweile in Wedel abspielt! Sehr gut,das es an die Öffentlichkeit gelangt!! Macht weiter so!! Grüsse aus dem Taunus
Vielen Dank für die Information. Besonder besorgniserregend ist die Entwicklung, weil sich um den immere knapper werdenden bezahbaren Wohnraum immer mehr Menschen drängeln. Das kann zu weiteren sozialen Spannungen führen und Ressentiments schüren. Statt immer mehr Wohnraum für besser verdienende zu schaffen, müssen Wohnungen für Geringverdiener gebaut werden. Danke und bleiben Sie am Ball!